Sonntag, 19. Juni 2016

Monsters of Rock - Rainbow auf der Loreley

                      Monsters of Rock - Ritchie Blackmore's Rainbow @Loreley, 17.06.16
                                Special Guests: Thin Lizzy, Manfred Mann's Earth Band

Die Nachricht schlug im Herbst 2015 ein wie eine Bombe: Ritchie Blackmore, der 1995 nach der "Stranger In Us All" Tour seinen (Rock)Hut nahm um fortan nur noch Mittelalter Musik mit seiner holden Angetrauten Candice Night in der neuen Formation "Blackmore's Night" zu spielen, kündigte für 2016 einige Rock Shows unter dem Banner Rainbow an. Zunächst war die Rede von vier Terminen, alsbald stellte sich jedoch heraus, dass es lediglich drei Konzerte geben würde. Zwei davon in Deutschland, eins in England.



Am 17. Juni war es nun endlich soweit. Ritchie Blackmore's Rainbow kehrten nach 21 Jahren auf die Bühne zurück. Die Loreley, eines der Lieblings Venues des auf Long Island lebenden Engländers, sah die Premierenshow der neuen Rainbow.   
Neu gilt in diesem Fall vor allem für die Besetzung der Band. Denn der Meister hatte im Vorfeld kein Mitglied der früheren Rainbow Line Ups angesprochen. Er wollte frische, hungrige Musiker haben, mit denen niemand rechnen würde. Kein Joe Lynn Turner, der sich ja selbst wiederholt in Gespräch gebracht hatte, keinen Roger Glover, keinen Doogie White oder Tony Carey usw.
In Spanien fand er Ronnie Romero, argentinischer Sänger in Diensten der Madrider Heavy Metal Band "Lords Of Black". Aus Schweden kommt Jens Johansson, Keyboarder der finnischen Symphonic Power Metal Band "Stratovarius", die ich im April 2016 beim Metal Franconia Festival gesehen hatte. Am Tieftöner fand sich Bob Noveau, eigentlich Bob Curiano, und die Felle wurden von David Keith gegerbt. Diese Rhythmus Sektion kennt man von "Blackmore's Night".  
Doch gehen wir nun chronologisch vor. Nach dem Einlaß um 16:00 Uhr eröffnete der Comedian und Schauspieler Hans Werner Olm mit seiner Akustikklampfe ab etwa 16:30 Uhr das musikalische Programm. Als er mit B.B. Kings "Hoochie Coochie Man" und AC/DCs "Whole Lotta Rosie" loslegte, glaubte ich an ein qualitativ hochwertiges Set eines Musikfans, der in seinen bisher 61 Jahren jede Menge gute Musik aufgesogen hat. Doch schon mit dem dritten Stück driftete der Vortrag mehr ins Klamaukhafte ab. Olm parodierte hier, wenn auch gekonnt, Peter Maffay, allerdings hatte er aus dem Mädchen "Josie" das Schweinchen "Rosie" gemacht und wie dieses irgendwann beim Schlachter und später auf dem Teller landet. Auch eine Reinhard Mey Parodie ließ der gebürtige Bochumer auf die Menge los. Was wohl das internationale Publikum (es gab Gäste aus England, Spanien, Chile, Niederlande, Luxemburg undundund) auf der Loreley von seinen ebenfalls umgetexteten Fassungen alten deutschen Liedguts hielt, blieb mir leider verschlossen. Die drei Israeli, mit denen ich mich vor dem Konzert längere Zeit unterhielt, konnten damit wohl kaum etwas anfangen. Kurz vor Fünf war der Olm'sche Spuk dann allerdings auch schon wieder vorbei.
Nach einer ca. dreiviertelstündigen Umbaupause standen ab 17:40 Uhr Thin Lizzy auf der Bühne. Nun sind ja viele Fans der Ansicht, Lizzy gäbe es nicht mehr und das, was hier unter diesem Namen verkauft wird, sei lediglich eine Tribute- , oder noch schlimmer, eine Cover Band der irischen Rocklegende. Sicher, von den Gründungsmitgliedern ist heute niemand mehr an Bord und Phil Lynott ist bereits seit 30 Jahren tot. Auch ein Gary Moore wurde vor fünf Jahren bereits abberufen und Original Drummer Brian Downey verließ Thin Lizzy vor Jahresfrist. Doch mit Scott Gorham ist ein Gitarrist im aktuellen Line Up zu finden, der bereits 1974 in die Band einstieg und es, mit Unterbrechungen, auch schon auf 26 Jahre in der Band bringt. Sänger Ricky Warwick ist seit 2010 dabei. Für die Jahre 2016 und 2017 hat man sich den Zusatz "Anniversary Shows" verpasst, weil zum man einen dem 40. Jubiläum des Albums "Jailbreak" huldigen, zum anderen dem 30. Todestags Lynotts gedenken will.



Dazu hat man sich mit Tom Hamilton den Bassisten von "Aerosmith" ins Boot geholt und mit Scott Travis sitzt kein Geringerer als der "Judas Priest" Drummer auf dem Schemelchen hinter dem Schlagzeug. Ergänzt wird das aktuelle Line Up durch Darren Wharton, der Keyboarder gehörte erstmals in den 1980er Jahren bereits zur Band, und Damon Johnson, der als Gitarrist bereits seit 2011 der Formation angehört.
Da stehen nun also drei Gitarristen auf der Bühne, ein Anblick, der die Herzen echter Rockfans um ein vielfaches schneller schlagen lässt. Und als die Band mit "Jailbreak" loslegt, gehen Tausende von Händen in die Höhe. Klar, druckvoll und Energiegeladen - wie der Sound präsentiert sich auch die Band und ihre Musik. Ricky Warwick erweist sich als begnadeter Entertainer, im Handstreich nimmt er die Menge und bringt sie auf seine Seite. Da ist der Regen schnell vegessen, zwischendrin hat Petrus sogar ein Einsehen, schließt die Schleusen und verwöhnt die Fangemeinde mit Sonnenschein.   
Thin Lizzy spielen fast das gesamte "Jailbreak" Album, wobei neben dem Titelsong besonders "Cowboy Song" und "The Boys Are Back In Town" abgefeiert werden. Aber natürlich werden hintenraus auch noch "Black Rose" und "Whiskey In The Jar" drangehängt, zwei irische Traditionals, die Dank Thin Lizzy auch dem Hard Rock Lager bekannt sind. So wird der rund 75minütige Gig zur frühen Abendstunde zum Triumphzug für eine Formation, die den Namen Thin Lizzy völlig zu Recht trägt. Allen Unkenrufen zum 
Trotz.



Danach eine etwa halbstündige Umbaupause. Um 19:30 Uhr ging es mit Manfred Mann's Earth Band weiter. Aber ich nehme es vorweg. Diesen Auftritt hätte man sich sparen können. Im Grunde genommen diente jeder Song nur dazu, Mann's Ego in den Vordergrund zu stellen, indem er jedesmal ein Solo spielt, auch wenn dies dem ein oder anderen Song die Vitalität raubt. Überhaupt, die Versionen so bekannter Stücke wie "Mighty Quinn", "(I Came) For You", "Davy's On The Road Again" oder "Blinded By The Light" hatten null Drive, denen hat man jeglichen Schmackes entzogen. "Father Of Day, Father Of Night" wurde mit einem ausgiebigen Instrumentalpart quälend in die Länge gezogen. Die Stimmung, welche Thin Lizzy zuvor angeheizt hatten, wurde durch den intellektuellen Auftritt der Earth Band, die so eine Art "Musician's Music" spielte, weitestgehend zerstört. An diese Stelle hätte vom Billing des Monsters Of Rock Festivals her besser eine Band wie "Uriah Heep", "Nazareth" oder "Status Quo" gepasst. Das Beste am Gig von Manfred Mann's Earth Band war, dass sie mit rund einer Stunde das kürzeste Set hatten.



Dann hieß es warten. Rund 50 Minuten sollte es nun dauern, ehe der Großmeister des Rock Riffs mit seiner neu zusammengestellten Band die Bühne auf der Loreley betrat. Nach dem üblichen Intro (aus dem "Zauberer von Oz") legten Rainbow mit der Deep Purple Nummer "Highway Star" los. Meine israelischen Freunde hatten irgendwo gehört, dass das Set aus zwei Drittel Rainbow und einem Drittel Deep Purple Material bestehen sollte. Blackmore hatte zuvor bereits angekündigt, dass er auch entsprechende Songs aus seiner Purple Ära spielen würde. Wie es auch bei früheren Rainbow Konzerten schon war. Mit "Spotlight Kid" gab es dann den ersten Rainbow Klassiker, ein Stück aus der Zeit mit Joe Lynn Turner als Sänger. Mit "Mistreated" stand als dritter Titel ein Song auf der Setlist, der zunächst auf dem Deep Purple Longplayer "Burn" erschien, der aber auch auf dem legendären Rainbow Live Doppler "On Stage" zu finden war, wo Ronnie James Dio ihm seinen Stempel aufdrückte. An jener Version missfällt mir das über vierminütige Blackmore Solo, welches mir einschläfernd erscheint (Ich weiß, dass mich Viele für diese Aussage nun steinigen werden), doch Dank der Loreley Performance habe ich am Freitag Abend meinen Frieden mit diesem Song gemacht. Solo ja - aber erstens nicht derart ausufernd und zweitens mit deutlich mehr Drive. So lasse ich mir das gefallen.



Mit "Since You Been Gone" folgte an vierter Stelle der vielleicht kommerziell erfolgreichste Rainbow Titel, im Original von Graham Bonnet gesungen. Erst danach gab es mit dem famosen "Man On The Silver Mountain" den ersten wirklichen Track der Dio Zeit. Und damit bin Ich beim Thema. Der neue Frontmann trägt nicht nur den gleichen Vornamen wie der unvergessene kleine, große Mann. Er kommt ihm auch stimmlich ziemlich nahe. Ich hatte mich im Vorfeld natürlich via YouTube über Romero informiert und ordnete ihn gleich entsprechend ein. Darum war ich gespannt, wie er die Stücke der anderen Rainbow Shouter meistern würde. Zu meiner Zufriedenheit passte es überall, Romero meisterte die Stimmlagen aller vorherigen Sänger. 
Mit "Catch The Rainbow" kam als nächstes ein weiteres Lied aus dem ersten Rainbow Longplayer. Romero hatte es bereits angekündigt, als Ritchie ihm ins Ohr flüsterte, dass er eigentlich eine andere Nummer an dieser Stelle geplant hatte, doch nach einer kurzen Verwirrung folgte schließlich doch die einzige Ballade auf der Setlist. Danach verabschiedete sich Ronnie in den Backstage Bereich und Beethoven's "Ode an die Freude", vom Meister auf seiner weißen Fender intoniert, leitete "Difficult To Cure" ein. Hier durften sich nun der Reihe nach Schlagzeuger David Keith, Basser Bob Noveau und Pianist Jens Johansson mit je einem Solo in den Vordergrund spielen. Besonders der langhaarige Schwede an den Tasten erntete reichlich Szenenapplaus. 



Als Romero auf die Bühne zurück kehrte, stellte er die Band, zu der auch zwei Backgroundsängerinnen, eine davon Ritchie's Angetraute Candice Night, gehörten, vor und leitete mit dem Satz "Now we are no more "Perfect Strangers" " zu jenem Song über, der für sich in Anspruch nehmen kann, der an Jahren jüngste auf der Setlist zu sein, ist er doch der Titelsong des 1984er Purple Outputs.
Die Nummer Neun auf der Setlist stammte ebenfalls aus dem Deep Purple Kosmos. Und dieser Song durfte hier auch nicht fehlen. "Child In Time", ein Monumentalstück, begleitet von tausendfachen Ooooohs und Aaaaahs aus dem Auditorium. Auch hier glänzte Johansson in bester Jon Lord Manier an den Keyboards. Klar, dieser Song ist ein gefundenes Fressen für jeden Tastenmann. Hervorzuheben hierbei auch die glasklaren Hintergrund Vocals von Candice Night und ihrer Kollegin Christine (ihr Nachname wurde leider von Romero nicht genannt).  



Danach wieder ein Überhit aus der Dio Ära. Einer der wichtigsten Songs aus dem Rainbow Katalog: "Long Live Rock'n'Roll", der Titelsong des dritten und somit letzten Studiowerkes mit dem kleinen Sänger (1978). Natürlich abgefeiert von den durchnässten Massen auf den Stufen des Amphitheaters über dem guten, alten Vater Rhein.
Das letzte Rainbow Stück des Abends war dann das einzige aus jenem Album, dessen Artwork dem Monsters Of Rock und somit der gesamten Veranstaltung ein visuelles Gesicht gab. Klar, gemeint ist "Rising" und daraus natürlich der Übersong "Stargazer". Mit ebenso viel Gefühl wie Drive wurden auch diese rund neun Minuten dem Publikum kredenzt, welches längst in eine Parallelwelt entglitten war.
Dort durfte es auch mit den beiden Abschlußstücken bleiben. "Black Night" mit mindestens soviel Power wie anno 1970 auf "Deep Purple In Rock" durfte auf dieser Best of Setlist natürlich ebenso wenig fehlen wie "Smoke On The Water", das traditionell letzte Stück eines Blackmore Gigs,  auf der Loreley begleitet von einem Feuerwerk. Einige Akkorde dienten, nachdem der Chef seine Band bereits von der Bühne gebeten hatte, schließlich auch als Zugabe. Denn eins ist klar: Nach "Smoke On The Water" ist Schluß, da kommt dann nichts mehr. So war das Konzert um ca. 23:20 Uhr beendet.



Fazit: Hin und wieder griff sogar der "Man in Black" mal daneben und ein-, zweimal gab es Irritationen bezüglich der Setlist (einen Tag später war beim Konzert in Bietigheim - Bissingen mit "16th Century Greensleeves" sogar ein vierzehntes Stück im Programm. Vielleicht war dies auch auf der Loreley geplant und somit ein Grund für die zwischenzeitliche Konfusion unter den Musikern). 
Die Location auf der Loreley ist mit seinem wunderschönen Ambiente natürlich über jeden Zweifel erhaben, wenngleich durch den Regen, wofür ganz allein "der da oben" verantwortlich ist, der obere Eingangsbereich in eine Matsch- und Schlammwüste verwandelt wurde, die einige Fans auch "hautnah" kennenlernen durften. Das Catering war okay, die Preise angemessen. Was nicht so gut klappte, war die Sache mit den Shuttlebussen nach dem Konzert. Hier hat vor zwei Jahren ein Busunternehmen die Aufgabe übernommen, welches es in dieser Zeit nicht geschafft hat, ein funktionierendes Modell auf die Beine zu stellen. Diese Tatsache rief den Unmut vieler Besucher des Konzertes hervor, die nach vielen Stunden in der Nässe kalt waren und gerne schon etwas früher in ihren Hotelzimmern gewesen wären. Ich selbst erwischte um ca. halb eins die Fähre auf die andere Rheinseite, dort dann auch alsbald ein Taxi in den Ort Urbar, oberhalb von St. Goar, und war um kurz vor ein Uhr in meinem Zimmer. Und zwar rundum zufrieden. 


       

          

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